Artikel in der Badischen von Thomas Steiner

Schöner Schmerz

Die Sängerin Patty Moon hat endlich wieder ein Album gemacht, das sie im Jazzhaus vorstellt.
Kann man Schmerz vermissen? Man kann. Wenn es ein so schöner Schmerz ist, wie Patty Moon ihn ihren Zuhörern bereitet. Sechs Jahre – also sehr lang – ist es her, dass die Sängerin aus Forchheim zuletzt ein Album gemacht hat. Nun also, endlich: "Head for Home". Nach Hause streben. Oder der Kopf als Heim. Auch wenn es da nicht immer gemütlich ist. "My head is full of turmoil / full of fight and running pictures", singt Patty Moon in "Turmoil". Mit dieser lakonischen Verzweiflung in der Stimme, die so viele ihrer Lieder ausdrücken. Und begleitet von einer Streichergruppe, die ihre Stimme bettet und erhebt zugleich. Sonst keine Instrumente.

Es ist etwas passiert in den vergangenen sechs Jahren. Patty Moon ist ihres früheren musikalischen Partners verlustig gegangen, sie hat eine Tochter bekommen. Beides hört man. Einige Verse, meist die letzten, in den neuen Songs handeln von dem Mädchen: "And the girl with the song / knows all of the glory of humming along", heißt es in "The Man with the Hat on". Das Kind und auch der Mann mit dem Hut, der ein Feld erhellt, werden als Lebensretter besungen. Dazu spielt das dunkle Klavier von Patty Moon, einen Vers lang ein Schlagzeug, es gibt singende Gläser, und am Ende erklingen Kuhglocken. Wo früher viel digitale Soundgestaltung von Tobias Schwab war, da ist jetzt akustische Atmosphäre.

Streicher von der Musikhochschule Freiburg haben dieses Album mitgestaltet, arrangiert hat Pablo Beltrán. Außerdem sind dabei ein Geräuschemacher aus London, der Bass spielende Studioinhaber Ingo Rau, der fürs Atmosphärische auch mal den Heizungskeller in Pattys Haus auf dem Land für das Album aufnahm, der Drummer Grischka Brand. Und der wohlbekannte irisch-schweizerische Sänger Shane Brady, der lange in Freiburg gelebt hat: Auf "Human" singt Patty Moon mal kindlich, mal überirdisch, und er erdet das Lied mit einem wortlosen und wunderbar warmen, keltisch klingenden Chor. Dazu noch zwei Bläser machen dieses Stück zum opulentesten des Albums.

Es gibt aber auch die Fast-nur-mit-Klavier-Stücke wie "Solid Star", die vor allem von diesen Patty-Moon-Melodien leben. Schön und traurig, mit sehnsuchtsvoll gezogenen Tönen. Patty Moons Gesang kann ein Hilferuf sein wie in "Choir of Bones", ein dramatischer Befehl wie in "River of Guilt", ein zartes Zittern wie in "Goldfinch". Immer aber schwingt dieser Schmerz mit, den das Leben einem Menschen wie ihr unweigerlich zufügt. Weil sie so empfänglich ist, weil sie Ängste hat. Da ist in einem Lied kein Sinn mehr in Sicht, in einem anderen aber flutet die Hoffnung ihre Adern. In "Hopestuff" besingt sie die körperliche Chemie, die einen am Leben hält.

Es gibt auch so etwas wie Patty-Moon-Worte, die schon auf ihren ersten vier Alben immer wieder aufgetaucht sind: "Monsters" ist so eines, die Ungeheuer, die durch ihren Kopf laufen, oder "Landscapes", die Landschaften, die sie liebt. Man zähle beim Hören mal mit, wie oft sie auf "Head for Home" wieder zu hören sind. Schlüsselwörter für die Patty-Moon-Welt, für das Innen und das Außen. Einmal mehr auch geht es unter Wasser: In "Divers" treffen wir in der See auf Schildkröten und Fremde. Und auf den lange vermissten Schmerz: "We are experts of the darkness / we know every wave of pain". Doch man darf auch gewiss sein, dass einem das Leben gerettet wird, sei es durch andere Menschen oder sei es einfach durch den Gesang eines Sperlings ganz am Ende dieses wunderbaren Albums. Schön, dass Patty Moon wieder da ist.
 
Patty Moon: Head for Home (Traumton Records/Indigo). Konzert: Jazzhaus, Freiburg, 5. Oktober, 20 Uhr, Patty Moon in Begleitung von Silke Täubert (Cello) und Ruben Kilchling (Schlagzeug, Geräusche und Saxophon).

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CD Review Die Kopfhörer

Es ist nun knapp acht Jahre her, da Patty Moons EP Dream Up auf meinem Schreibtisch landete, eines jener Alben, die mich auf der Stelle begeisterten und in ihren Bann zogen. 2011 erschien mit Mimi and Me ein weiteres Album des Duo und unterstrich den zuvor gewonnenen Eindruck: Patty Moon versteht es, wunderbare Songs zu verfassen und sie eindrücklich zu präsentieren.

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